ALAMANYA ALAMANYA – GERMANIA GERMANIA
ALAMANYA ALAMANYA – GERMANIA GERMANIA, einer der ersten Filme zum Thema Migration, ist ein preisgekrönter Kurzfilm von Hans Andreas Guttner, der in mehr als 50 Ländern gezeigt wurde. Es ist der erste Film der Pentalogie EUROPA – EIN TRANSNATIONALER TRAUM.
Ein Zug fährt nach Deutschland - ein Zug mit Arbeitsmigranten.Züge wie dieser sind seit Ende der 50er Jahre ungezählte Male gekommen, aus Italien, Jugoslawien, Griechenland, der Türkei, aus Spanien und Portugal, und sie haben mit den Menschen, die sie beförderten, auch die Träume und Hoffnungen dieser Menschen auf ein besseres Leben und bessere Arbeitschancen mitgebracht.
Der Film ist mit ihnen auf ihrem Weg in ein fremdes Land, in die hoffnungsvolle Zukunft, in die Enttäuschung. Er ist mit ihnen an ihrem Arbeitsplatz und in ihrer Freizeit, in ihrem Alleinsein, ihrer Einsamkeit.
„In dem bundesdeutschen Film ALAMANYA ALAMANYA von Hans Andreas Guttner dagegen sind Emotionen direkt ins Bild eingebracht – oder umgekehrt: Die Bilder und die von türkischen Arbeitsemigranten in der BRD gesprochene Klage (über den Verlust der Heimat) und Anklage (des feindlichen Gast-Landes) formulieren unmittelbar Gefühle – mit einer Stärke, die einem vor Empörung fast aufspringen macht und gleichzeitig fasziniert: mit ihren langen Einstellungen, der Eisenbahnfahrt etwa durch den Tunnel in Realzeit, währenddessen die Leinwand schwarz bleibt, mit dem stimmigen Schnitt; mit der Vielschichtigkeit der Montage und dem im Off gesprochenen Text, der Konkretes subjektiv formuliert und den die Bilder wiederum im Konkreten verankern. Resultat ist eine Authentizität, die jeden Naturalismus weit hinter sich lässt.“ (Verena Zimmermann, Basler Zeitung 20.10.1979)
„Mit der Situation und den vielfach noch bitteren Erfahrungen, die ausländische Arbeiter machen müssen, die hier zwar ihre Arbeitskraft verkaufen können, dafür aber einen hohen Preis an psychischen Entbehrungen bezahlen, setzt sich auf außerordentlich einfühlsame Weise Hans A. Guttner in ALAMANYA ALAMANYA – GERMANIA GERMANIA auseinander. In bewusst kunstvoll arrangierten, eindringlichen Bildern, die er mit eigenständigen poetisch verdichteten Texten von Betroffenen zusammenspannt und auch musikalisch authentisch akzentuiert, schuf Guttner einen ebenso anrührenden wie anregenden Film zu einer Thematik, die man all zu oft nur statistisch abhandelt.“ (Karl Sauer, medium 6/1979.)
„Was aber Statistik nicht leisten kann, schafft Hans A. Guttner mit seiner Methode: er stellt die psychische Situation ausländischer Arbeiter in der Bundesrepublik eindringlich dar, die Trennung von Heimat und Familie, die Einsamkeit unter den Deutschen. Bilder und Texte, Geräusche und Musik: aus diesen Elementen oft kontrapunktisch eingesetzt, entsteht eine eigene Welt, eine Welt des Dunkels, der Nacht, eine Unterwelt.“ (Wilhelm Roth, Oberhausener Almanach 1979)
„Besonders im Diskurs von ‚Fremdem und Eigenem‘ (hier: das Gegenüber von türkischer und deutscher Kultur) positioniert sich der Film eine gegendiskursive filmische Realität. Die Gastarbeiter werden in diesem Film erstmals als Subjekte präsentiert. Die gesamte diskursiv entfaltete Realität ist aus ihrer Perspektive aufgebaut. Zudem liefert der Film mit seinem bewussten Verzicht auf die Darstellung fremder kultureller Phänomene keine Anhaltspunkte dafür, die eine Außenwahrnehmung als Fremde oder gar Strategien der Ausgrenzung legitimieren würden. Er stellt seine Erzähl-Realität diversen Texten von Gastarbeitern gegenüber (in Off-Kommentaren, die die Erzählung begleiten), in denen Migranten ihre Isolation und Ausgrenzung beklagen. ALAMANYA ALAMANYA – GERMANIA GERMANIA kann als Metapher auf eine von der deutschen Politik seinerzeit nicht zur Kenntnis genommenen Einwanderungssituation verstanden werden. Seine bewusst dem Geist der Zeit widersprechende Darstellung findet in einer Forderung nach der Gleichstellung der Gastarbeiter seinen logischen Abschluss." (Yvonne Nadler, Medienwissenschaft 2010: Migration)
„Der zum Zeitpunkt der wohl beste Dokumentarfilm zum Thema.“ (I + M Medienarbeit 1979)
Filmreihen
Die Kurzfilme des Jahres (einziger bundesdeutscher Beitrag, Tournee in mehreren Ländern 1979)
Türkei-Filmwoche (Kino Maxim, 29.6. und 5.7.1979)
Filmfest am Hasenbergl (München, 1980)
The Federal Republic of Germany as Reflected in its Documentary Films (Goethe-Institut 1980)
3. Welt Workshop (Frankfurt 1980)
Heimat und Region. 1. Filmschau Nürnberg (25.11.1986)
Im Spannungsfeld der Kulturen (Kommunales Kino Frankfurt, 1990)
Kommen Bleiben Gehen (Nürnberg Fürth Erlangen 1990)
Europa und die neue Völkerwanderung (Münchner Volkshochschule Gasteig, 6.12.1992)
Deutsche Gefühle. Filme im steirischen Herbst (Forum Stadtpark Graz, 10.10. 1993))
Fremde Heimat (Ruhrland Museum Essen Mai/Juni 1998)
Migrant Cinema. New Cultural Space in Europe (Universität Metu-Gisam Ankara, 30.11.2001)
Integrating the Turkish Minority: a German Dilemma (Goethe-Institut New York, 18.11.2006)
Beyond Belonging (Hau Zwei Berlin, 25.3.2007)
Der Film als Sprachportal (Bauhaus-Universität Weimar, 4.6.2007)
Gegen die Leinwände: 50 Jahre 50 Filme (Berlin, Ballhaus-Naunyn-Straße, 31.8.2011)
Tüpisch Türkisch (Filmhauskino Köln, 10.11.2011)
Langer Abend der Pendelwunder (Berlin, Ballhaus-Naunyn-Straße 10.9.2014)
Beziehungskrise deutsch-türkische Verhältnisse in Literatur und Film (Ege-Universität Izmir, 14.-16.11.2017)
Dein Land ist mein Land (Literaturhaus – Kommunales Kino Freiburg, 9.12. 2011)
Leben in Alamanya (Kommunales Kino Freiburg, 3.10.2018)
Von hier (DFF Deutsches Filminstitut Filmmuseum Frankfurt, 14.9.2021)
Vom Kommen, Bleiben und Verändern (Cinenova, 3.10.2021)
Duisburg im Bilde (Kommunales Kino, 29.10.2022)
Festivals:
11. Informationstage Oberhausen
25. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen
20. Festival dei Popoli (Florenz)
21. Dokumentar- und Kurzfilmfestival Bilbao
11. Festival International de Cinéma Nyon
19. Internationales Filmfestival Thessaloniki
2. Internationales Kurzfilmfestival Huesca
1. Festival Cinéma Réel Paris
Gezeigt in folgenden Ländern: Argentinien, Berlgien, Bolivien, Chile, Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Iran, Israel, Italien, Jugoslawien, Kanada, Kolumbien, Kuwait, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Peru, Polen, Schweden, Schweiz, Sowjetunion, Spanien, Syrien, Türkei, Ungarn, Uruguay, USA, Venezuela, Zypern.
Credits:
ALAMANYA ALAMANYA - GERMANIA GERMANIA
Kamera: Rudolf Blahacek
Licht: Bert Brücker
Mitarbeit: Heinz Langer, Jutta Malin, Eberhard Strahm
Musik: Erminio Cantoni, Sandro Maggi
Texte: Franco Biondi, Pio Buonafede, Robert Mazzota, Maurizio Orecchiuto, Marcello Pardini, Yüksel Parzakaya, Hormaz Sefile
Sprecher: Mario Scerza, Erdal Merdan
Uraufführung: Internationale Westdeutsche Kurzfilmtage Oberhausen 1979
35mm, s/w, 22 Min., FSK ab 6, FBW: Besonders Wertvoll
Produktionsland: Deutschland
Uraufführung: April 1979, 25. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen
Erscheinungsjahr: 1979
Länge: 23 Minuten
Schwarz/weiß, 35mm
Produktion: Guttner Film
Gefördert von: Kulturelle Filmförderung des BMI.
Preisgekrönt bei den Informationstagen Oberhausen und den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen
FSK: ab 6
FBW: Besonders wertvoll